Upcycling-Kunst

Was ist Upcycling?

Wörtlich übersetzt bedeutet Upcycling „Recycling nach oben“.

Beim Upcycling wird ausgedienten Produkten oder Verpackungen neues Leben eingehaucht. Kaputte Alltagsgegenstände oder Verpackungen werden so umgearbeitet, dass neue Produkte entstehen, die für andere Zwecke verwendet werden, als ursprünglich vorgesehen. Müll wird also aufgewertet.

Upcycling ist also eine Form von Recycling. Upcycling trägt zum Ressourcenschutz bei und so zum Natur- und Klimaschutz. Anders als beim reinen Recycling ist Upcycling aber kein industrieller Prozess. So wird eine alte Plastikflasche beim Recycling maschinell zerkleinert und daraus wieder eine neue hergestellt. Beim Upcycling entsteht aus der Plastikflasche beispielsweise durch Befüllen und Bekleben ein Musikinstrument.

Was versteht man unter Upcycling Kunst?

In der Gegenwartskunst etabliert sich das Upcycling als kreativer Umgang mit bereits vorhandenem Material augenscheinlich als breiter werdende Strömung. Kunstwerke aus Müll halten unserer Wegwerfgesellschaft den Spiegel vor und thematisieren das Ressourcenbewusstsein einer jungen, neuen Generation, betont die Verlegerin Christiane Goetz-Weimer in ihrem Artikel „Keine Zukunft ohne Herkunft – Upcycling ist eine Herzunft“.

Den Ursprung der Upcycling Kunst schreibt man den sogenannten Ready-Mades von Marcel Duchamps und den Dadaisten zu. Aus einem Vorderrad und einer Gabel, befestigt an einem alten Hocker, also aus Sperrmüll, schuf Duchamps 1913 das Werk „Bicycle Wheel“. Die Ready-Mades von Duchamps brachen mit der bisherigen Tradition der Kunst: Duchamps erklärte bereits existierende, vorgefundene Alltagsgegenstände zu Kunst. Damit lag es im Auge des Betrachters, dem Objekt einen Status als Kunstwerk zuzuschreiben. Das galt vor allem für Duchamps Ready-Made Fountain (1917), ein gewöhnliches, ausgedientes Urinal, das in der Kunstwelt großes Aufsehen erregte. Auch der „Stierkopf“ (1942) aus einem Fahrradlenker und Sattel von Pablo Picasso kann zu den ersten Werken der Upcycling Kunst gezählt werden.

Welche Upcycling-Künstler gibt es im KUNSTLABOR 2 zu entdecken?

Als kulturelles Zwischennutzungs-Projekt ist das KUNSTLABOR 2 in der Dachauer Straße in sich ein großes Upcycling- oder Re-Use-Projekt. Das Gebäude hat seiner ursprünglichen Funktion als städtisches Gesundheitsamt ausgedient und ist dem Abriss und der Entsorgung als Bau-Müll geweiht. Bis dahin wird dem Haus aber nochmal ein buntes Leben eingehaucht und es darf als Ausstellungs-, Gastronomie- und Workshop-Fläche glänzen.

Das Grundkonzept der Ausstellungsfläche besteht darin, dass jeder/jede Künstler*in einen Raum in sein Kunstwerk umgestaltet bzw. den Raum zu seinem Kunstwerk macht. Dabei sollten möglichst vorhandene Materialien einbezogen und viele Werkstoffe wiederbelebt werden.

Entdecke alle Künstler des KUNSTLABOR 2:

Hier ein Auszug von Künstler*innen im Kunstlabor 2, die Upcycling in Ihren Arbeiten thematisieren:

Adam Stubley

Aufgewachsen in Nordengland, lebt Stubley mittlerweile 30 Jahre in Bayern. Er hat in den letzten Jahren mehrere Kunstwerke mit dem Fokus Umweltthemen und zunehmende Verschmutzung der Meere durch Plastikmüll geschaffen. Außerdem war er 2021 Münchens „Local Artist“ für die #ZEROWASTEART-Ausstellung.

Im KUNSTLABOR 2 hat er den Raum „Wake up Call“ gemeinsam mit Sohn Vincent Wildgruber und Marius Hallerden in eine sterbende Ozeanlandschaft verwandelt, mit Meerestieren aus Plastikfolien.

Yul Zeser

Der Münchner Künstler fertigt groß dimensionierte, raumgreifende, die Umgebung reflektierende Skulpturen und Installationen, vorwiegend im öffentlichen Raum. Yul Zeser nutzt für seine Werke z.B. alte Industrie-Werkzeuge oder ausgediente Prellböcke von S-Bahnen. 

Im Kunstlabor 2 inszenierte er in der Installation „Fokus“ die alte Büro-Decken-Beleuchtung ganz neu in einem Raum mit schrägem Boden. So soll die grundliegende Geometrie des typischen Büroraumes gebrochen werden.

Octavi Serra

Der in Barcelona lebende Künstler entwickelt seit mehr als 10 Jahren seine künstlerische Arbeit in den Bereichen Urban Art und Fotografie. Serras Werke wurden unter anderem auf der Biennale von Venedig ausgestellt. Für seine Kunst setzt er die vielfältigsten Alltagsgegenstände und Abfallmaterialien ein, wie Plastiktüten, Toast, Standheizungsgeräte oder Pizzakartons. Was dem Betrachter oft auf den ersten Blick erstmal nur witzig erscheint, trägt oft eine tiefere Bedeutung in sich. Das Kunstwerk „CLEAN WATTER“, eine Toilette auf einem Wasserspender, soll auf den Missstand hinweisen, dass viele Menschen auf der Welt keinen Zugang zu sauberen Trinkwasser haben und in erbärmlichen hygienischen Verhältnissen leben. 

Im KUNSTLABOR 2 verwirrt Serras Exit-Raum den Blick der Besucher*innen, ein Zimmer komplett verkleidet mit grünen Notausgang-Schildern.

Jody Korbach

Jody Korbach lebt und arbeitet in Düsseldorf und ist ständiges Mitglied der dortigen Kunstkommission. Sie war Meisterschülerin von Christopher Williams. In ihre Kunstwerke fließen oft alte Getränkemarken aus Papier ein, die berühmten roten Biermarken. 

Diese zieren auch die Wände Ihres Raumes „Feierabend“ im KUNSTLABOR 2, eine Installation aus übrig gebliebenen Utensilien eines „typisch deutschen Beamtenzimmers“ im ehemaligen Gesundheitsamt, gepaart mit Party“resten“ wie Luftschlangen und leeren Flaschen. Die Arbeit soll die Frage der Ambivalenz zwischen Ordnung und Exzess verhandeln.

Toni Spyra

Toni Spyra ist ein in Wien lebender deutscher Künstler. Durch die Modifizierung von alltäglichen Objekten und Szenerien will Spyra Wahrnehmungsgewohnheiten durchbrechen und konfrontiert das Publikum auf satirische Weise mit Denkanstößen. Seine Werke lehnen stark an die Ready-Mades von Duchamps an. Eine alte Pfanne wird zum Springbrunnen, ein Teller zum Waschbecken.

Im KUNSTLABOR 2 zeigt er unter anderem mit „Housekeeping“ eine Momentaufnahme eines Großreinemachens, Neuanfangs oder Sanierung.

Wie lernt man Kunst aus Müll zu erstellen?

Im Prinzip lässt sich alles upcyceln, Du brauchst nur etwas Inspiration und Fantasie.

Das KUNSTLABOR 2 bietet immer wieder Workshops zum Thema Upcycling an. Schau doch einfach mal in unserem Webshop vorbei.

Was sind berühmte Upcycling Künstler?

Eine kleine Auswahl an Künstler*innen, die sich mit Ihren Upcycling Werken einen Namen in der Kunst-Szene gemacht haben:

Dan Rawlings

Dan Rawlings ist ein zeitgenössischer britischer Künstler. Rawlings verwendet ausrangierte Industrieprodukte als Medium und ist für seine Manipulation von Metall und Licht bekannt. Er schneidet seine Kunstwerke mittels Handplasma-Schneide-Technik aus alten Schildern, Tools und Fahrzeugen.

Dan Rawlings ist in der aktuellen Jubiläumsausstellung im MUCA mit zwei Werken vertreten:

Tim Noble und Sue Webster

Das britische Künstlerehepaar arbeitet seit 1996 zusammen. Bekannt sind Tim Noble und Sue Webster unter anderem für ihre ikonischen „Schattenskulpturen“, hergestellt aus Hausmüll, Schrott und toten Tieren. Ihre Werke erscheinen auf den ersten Blick einfach wie ein Haufen Müll, werden sie aber ausgeleuchtet, entstehen an den Wänden Figuren, zumeist Selbstporträts des Künstlerpaares. Ihre erste Schattenskulptur, „Miss Understood and Mr Meanor“ von 1997, besteht neben Hausmüll auch aus zerbrochenen Sonnenbrillen und alten Buttons von Bands.

Guerra de la Paz

 Guerra de la Paz ist eine Gruppe kubanischer Künstler. Gegründet wurde das Kollektiv von Alain Guerra und Neraldo de la Paz, die seit 1996 zusammenarbeiten und mittlerweile in Miami leben. 

Die Künstler schaffen farbenfrohe Skulpturen aus unkonventionellen Materialien wie alter Kleidung. Ihre Kunst, inspiriert von der Verwendung von Ready-Mades, evoziert die „Bedeutung des menschlichen Fußabdrucks“ und hinterfragt die moderne Wegwerf-Gesellschaft.

Nik Gentry

Nik Gentry, mit vollem Namen Nicholas James Gentry, ist ein britischer Künstler aus London. Gentry nutzt überholte technologische Materialien wie Disketten oder VHS-Kassetten als Bildträger für seine futuristischen Porträts. Er sieht seine Arbeiten als kollaborative „soziale Kunstobjekte“, da ein großer Teil seines künstlerischen Schaffens durch die Verwendung von beigesteuerten Gegenständen und Materialien entstanden sei.

Khalil Chishtee

Der pakistanische Künstler lebt und arbeitet in Brooklyn. Chishtee erschafft lebensgroße Figuren und menschliche Gestalten aus Plastik-Mülltüten. 

Dieses Material sieht er als eine Metapher für das „Recycling unserer Identität“. Khalil Chishtee gestaltete auf der 56. Biennale in Venedig den Aserbaidschanischen Pavillion.

Vik Muniz

Der in Brasilien geborene Künstler Vik Muniz ist eine zentrale Person der Bewegung für recycelte Kunst. Muniz arbeitete zunächst in der Werbebranche, seine Kunstwerke wurden Mitte der 1980er Jahre von einem Kunsthändler in New York entdeckt. 

Er hat sich auf die Reproduktion von bekannten Meistern mit recycelten Materialien wie Plastikmüll, Zeitschriften und Drähten spezialisiert. Besonders durch seinen Dokumentarfilm „Waste Land“ wurde Muniz international bekannt. 

„Waste Land“ ist eine Dokumentation seines Projekts „Jardim Gramacho“ in Rio de Janeiro. Muniz arbeitete hierfür mit sogenannten Müll-„Pickern“ vor Ort zusammen, die Abfälle für seine Upcycling Kunst sammelten und zu Skulpturen zusammensetzten.

Quelle: https://www.wastelandmovie.com/gallery.html

Upcycling Kunstpreis und Festival

Das „Zentrum für zirkuläre Kunst“, ein Atelierhaus für Upcycling mit Hauptquartier in Lübz, Mecklenburg-Vorpommern, hat den ersten Kunstpreis für Upcycling ins Leben gerufen. Der „upc“ soll „kreative Einzelprojekte auszeichnen und bekannt machen.“ Es soll hierdurch eine verbindende Plattform für Künstler*innen geschaffen werden, die Ungenutztes oder Abfall verwenden.

2021 wurde dieser Upcycling-Kunstpreis erstmals von der Circular Art Society verliehen, ausgewählt aus insgesamt 1.213 Einreichungen. Der erste Preis ging an eine Bodeninstallation, ein Teppich aus Werbeflyern, von Ramona Seyfarth. Der nächste Upcycling-Kunstpreis wird ab 2023 ausgeschrieben.

Die Stadt Bochum veranstaltet 2023 erstmals das XXL-Upcycling-Art Festival. Für das Festival sollen national oder international tätige Künstler*innen das Thema Upcycling überdimensioniert auf öffentlich zugänglichen Plätzen in der Stadt umsetzen. Mit dem Projekt soll vor allem „ein deutliches Statement zur Nachhaltigkeit“ gesetzt werden und auf die Auswüchse der Wegwerfgesellschaft aufmerksam gemacht werden.  

Gibt es Upcycling aus berühmten Kunstwerken?

Im Herbst 2021, gut ein Jahr nach seinem Tod, wurde in Paris das Herzens-Projekt des Verhüllungs-Künstlers Christo, der Öffentlichkeit vorgestellt. Für „Arc de Triomphe, Wrapped“ wurde das Pariser Wahrzeichen mit 25.000 Quadratmeter silberblauem, recycelbarem Polypropylen-Gewebe umwickelt, festgeschnürt mit 3.000 Metern Seil.

Christo und seine 2009 verstorbene Frau und Partnerin Jean-Claude hatten dieses Projekt seit 1962 in Planung. Das Künstlerehepaar arbeitete bei ihren Kunstobjekten stets mit recycelbarem Stoff. Auch deshalb, weil es sich bei ihrer Verhüllungskunst um vergängliche Kunst handelte, was für Christo ein „Ausdruck von Freiheit“ und Teil seines ästhetischen Konzepts war.

Diesen Ansatz von Christo und Jean-Claude greift das  #UpWrapping-Kollektiv auf und wendet sich auf Instagram an die Stiftung der verstorbenen Künstler. Das #UpWrapping-Kollektiv ist ein Zusammenschluss von 50 französischen Textil- und Modeunternehmen, die sich für Upcycling von Textilien einsetzen und die Modeindustrie auffordern, regionaler und zirkulärer zu werden. Der Christo-Stiftung machten sie via sozialer Medien Vorschläge, wie man dem Kunstwerk nach seiner Demontage, ein zweites Leben geben könnte. Darunter die Idee, es in solidarische Tragetaschen umzuarbeiten, die von bedürftigen Menschen für Kleider- oder Lebensmittelspenden verwendet werden können. Oder daraus Möbel für die Olympischen Spiele 2024 zu kreieren.

Soweit bekannt, griff die Christo-Stiftung die Ideen nicht auf. Interessant bleibt aber der Ansatz des Upcyclings derjenigen Kunst, die vom Ansatz her schon als vergänglich und recycelbar gedacht ist.